Welche Tiere leben mit uns in der Stadt, welche im Wald oder im Park? Woher kommen unsere tierischen Nahrungsmittel, die wir täglich essen? Und welche Geschichten erzählen wir über Tiere und wie stellen wir sie in Bildern, Filmen und Mythen dar? Das Verhältnis von Menschen und Tieren bestimmt unser Leben maßgeblich. Kulturelle Bildung kann ein Schlüssel sein, diese unterschiedlichen Beziehungen begreifbar und durch künstlerische Praxis auch sinnlich erfahrbar zu machen. STADTKULTUR hat daher im Herbst 2022 die zwei landesweiten Kulturellen Bildungsprojekte "Tiere nebenan" und "Tier sieht Mensch" initiiert. In den nächsten Wochen stellt STADTKULTUR einige der Workshops, die in den Mitgliedskommunen stattgefunden haben, auf LinkedIn unter #TierenebenanundwiesieunsMenschensehen vor.

 

Das Verhältnis von Menschen und Tieren bestimmt unser Leben maßgeblich: Ein Großteil unserer Ernährung besteht traditionell aus tierischen Lebensmitteln (oder eben auch ganz bewusst nicht), als Haus- und Therapietiere sind Tiere unsere Begleiter oder Lebensretter. Sie übertragen Krankheiten und können Pandemien auslösen, prägen religiöse Riten und Bräuche. Mensch-Tier-Beziehungen sind kulturell verschieden und haben sich gerade in den letzten Jahren stark verändert. Wir differenzieren heute stärker denn je zwischen Nutztieren, Haustieren und Wildtieren und unser Umgang mit diesen drei Gruppen könnte unterschiedlicher nicht sein. Nutztiere werden überwiegend in großen Ställen gehalten, ihr Aufwachsen, Leben und Sterben entziehen sich unserem Blick. Wir technisieren die Fleisch-, Eier- und Milcherzeugung und sprechen von Produktion. Gleichzeitig wird unser Verhältnis zu Haustieren immer emotionaler und die Vermenschlichung von Hunden, Katzen, Hamstern etc. hält ganze Industriezweige am Laufen – von einem unüberschaubaren Angebot an Tiernahrung über Ausstattung bis zu therapeutischen Anwendungen für Tiere. Während der Mensch also immer mehr Tiere als Nutz- oder Haustiere züchtet, bedroht dieser Lebensstil die natürlichen Lebensräume von Wildtieren – sei es durch Urwaldrohdung, Gewässerverschmutzung oder schlicht landwirtschaftliche Monokulturen, Ausbreitung von Städten und Bodenversiegelung. Die Zahl der Nutztiere nimmt weiter zu, die Artenvielfalt nimmt massiv ab und wird damit zum existentiellen Problem für uns Menschen. Viele wissen zwar in der Theorie um diese Entwicklungen, hinterfragen sie jedoch nicht.

Kulturelle Bildung kann ein Schlüssel sein, diese unterschiedlichen Beziehungen (be)greifbar und durch künstlerische Praxis auch sinnlich erfahrbar zu machen. Gerade Kindern und Jugendlichen (und zunehmend auch Erwachsenen) im städtischen Umfeld, die sich zwar mühelos in und zwischen digitalen und analogen Räumen bewegen, fehlt oft der unmittelbare Umgang mit Tieren – sei es mit Tieren auf dem Bauernhof oder tierischen Garten-, Park- und Stadtbewohner*innen. In Kulturellen Bildungsprojekten zu Mensch-Tier-Beziehungen kann anhand von Fragestellungen wie „Welche Tiere leben mit uns in der Stadt, welche im Wald oder am nahegelegenen Weiher, Stadtteich oder Stadtpark?“ oder auch „Woher kommt eigentlich das Fleisch oder die Milch, der Joghurt oder der Käse, den wir täglich essen?“ ein Bewusstsein für unser vielfältiges Zusammenleben mit Tieren geschaffen und in der künstlerischen Auseinandersetzung sinnlich erfahrbar gemacht werden.

Und auch der forschende Blick in die Künste sagt viel über unser historisch und kulturell geprägtes Verhältnis zu Tieren aus: Welche Geschichten erzählen wir über Tiere, mit welchen menschlichen Eigenschaften belegen wir sie und wie stellen wir sie in Bildern, Filmen, Fabeln, Märchen und Mythen dar?

STADTKULTUR hat daher im Herbst 2022 die zwei landesweiten Kulturellen Bildungsprojekte „Tiere nebenan“ und „Tier sieht Mensch“ initiiert. Diese setzen sich mit Mensch-Tier-Beziehungen in ihrer ganzen Bandbreite auseinander, Kernelement der künstlerischen Umsetzung ist der eigenständige Gestaltungsprozess aller Teilnehmenden. In Workshops aus allen künstlerischen Sparten werden Menschen allen Alters dazu angeregt, sich mit den „Tieren nebenan“ zu beschäftigen und ihre Gedanken künstlerisch umzusetzen – sei es über Zeichnungen, Plastiken, im tänzerischen Ausdruck, über Musik oder in Filmbeiträgen.

Das zweite Projekt wagt unter dem Motto „Tier sieht Mensch“ einen Perspektivwechsel: Wie nehmen Tiere diese Beziehungen und Umstände wahr und wie würde beispielsweise eine tierfreundliche Stadt aussehen? Lebten die Menschen dort vielleicht in Käfigen? Dass wir diesen Blickwechsel in der Kunst schon lange pflegen, belegen Beispiele aus der Literatur (allen voran Jean de La Fontaines Tierfabeln oder George Orwell‘s Animal Farm) oder die alltägliche Verwendung der Begriffe „Frosch-“ und „Vogelperspektive“. In spartenoffenen künstlerischen Workshops werden diese Ansätze aufgegriffen, reflektiert und durch das Einnehmen der nicht-menschlichen Perspektive soll auch die Empathiefähigkeit der Teilnehmenden geschult werden.

In den nächsten Wochen stellt STADTKULTUR auf LinkedIn verschiedene Workshops vor, die im Rahmen der beiden Kulturellen Bildungsprojekte „Tier sieht Mensch“ und „Tiere nebenan“ in den Mitgliedskommunen von STADTKULTUR stattgefunden haben. Sie werden sehen, wie vielfältig nicht nur die Fragen sind, die zu Mensch-Tier-Beziehungen gestellt werden, sondern wie vielschichtig und bunt auch die künstlerische Auseinandersetzung damit sein kann. Besonders interessant fanden wir neben den vielen sehenswerten Kunstwerken, die entstanden sind, auch die Rückmeldungen zu den Denkprozessen, die durch die künstlerische Praxis bei den Teilnehmenden angeregt wurden.

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