Mit seinem Städtefestival Kunst.Klima.Kunst hat das Netzwerk der bayerischen Kulturkommunen STADTKULTUR Wege in eine klimafreundliche Kulturarbeit aufgezeigt. Zwischen Sommer 2022 und Sommer 2023 entstanden landesweit rund 400 Formate und Veranstaltungen mit Vorbildcharakter.
„STADTKULTUR hat mit seinem landesweiten Städtefestival Kunst.Klima.Kunst in zahlreichen Städten wichtige Impulse gesetzt, um in der Kultur und durch die Kultur den notwendigen Bewusstseinswandel für die große Transformation unserer Gesellschaft voranzutreiben. Gerade die Künste nutzen ihr einzigartiges Potenzial, den Kulturwandel emotional und attraktiv erfahrbar zu machen,“ erklärt Achim Könneke, Würzburger Kulturreferent und erster Vorsitzender des Netzwerks STADTKULTUR. „Die Motivation ist hoch, in Würzburg haben wir beispielsweise mit vielen Kultureinrichtungen 2021 das Würzburger Bündnis KlimaKultur gegründet und gehen das Ziel klimagerechter Kulturarbeit gemeinsam, offensiv und strategisch an.“
„Auch Kunst kann Klima!“, resümiert Dr. Christine Fuchs, Leiterin des Netzwerks STADTKULTUR und Initiatorin des Festivals. „Klimafreundliche Veranstaltungen erweitern das Spektrum an qualitativen Kulturveranstaltungen. Unsere Mitgliedsstädte haben neue Kulturprogramme und Ansätze entwickelt, die von allen aufgegriffen werden können, die klimafreundlich Kultur veranstalten wollen. Den größten Erfolg des Festivals sehe ich in der gelungenen Zusammenarbeit: Die Kulturverantwortlichen haben unseren Impuls aufgegriffen, vor Ort umgesetzt und entwickeln im Austausch ihre Formate ständig weiter.“
Von Klimakunst zum Kulturklima: künstlerische Projekte, diskursive Labs und interdisziplinäre Symposien
Das Festivalprogramm umfasste kleinere, mittlere und große Formate in allen künstlerischen Sparten. Die Veranstaltungen beschäftigten sich mit Ressourcenverbrauch und Müllvermeidung, Nachhaltigkeit und Klimabilanzen, urbanen Lebensräumen sowie der klimaresilienten Stadt, ihren Herausforderungen und Zukunftsbildern. Das Festival setzte sich mit der besonderen Bedeutung von Kunst und Kultur für Menschen und Gesellschaft auseinander und vermittelte Lebensfreude, Sinnlichkeit und neue ästhetische Erfahrungen.
Veranstaltungsorte waren Amberg, Ansbach, Aschaffenburg, Augsburg, Bobingen, Burghausen, Eichstätt, Ingolstadt, Kempten, Landsberg am Lech, Marktheidenfeld, München, Nürnberg, Regensburg, Scheyern, Starnberg, Traunreut, Traunstein und Weiden i.d.OPf. Außerdem mit Veranstaltungen vertreten waren die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern und der Deutsche Werkbund Bayern. Das Festival wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert. Schirmherr war Markus Blume, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst.
Die Schulungsreihe „Kulturarbeit im Klimawandel“ begleitete das Festival und ergänzte die Kunst- und Kulturveranstaltungen mit kulturpolitischen, operativen und ästhetischen Themen und Fragestellungen. Es ging um Nachhaltigkeitsziele im Kulturbereich, nachhaltiges Design und neue Narrative, vernetztes Vorgehen und klimafreundliche Kulturförderung, um die Transformations- und Regenerationspotenziale der Künste und die Ästhetik der Nachhaltigkeit. Die acht Schulungen fanden in Augsburg, Benediktbeuern, Kochel am See, Nürnberg, Regensburg, Schwabach und Tutzing sowie online statt.
Thematische Schwerpunkte: Ressource Wasser und Landschaftsbilder
Den offiziellen Auftakt des Städtefestivals Kunst.Klima.Kunst machte die Stadt Augsburg mit dem Weltmusikfestival „Water & Sound“, das globale und lokale Kulturen rund um die lebensspendende Ressource Wasser musikalisch und diskursiv vereinte. Mit der Bedeutung von Wasser beschäftigte sich auch das Blue Community Deutschland-Projekt in der Stadt Landsberg am Lech, das Wasser als öffentliches Gut sichert. Unter dem Motto „WASser brauchst Du!“ fanden mehrere Veranstaltungen statt, um die Sensibilität für lebendiges Wasser in Flüssen und Seen zu wecken.
Der Kunstverein Weiden zeigte mit dem „Fruga Art Trail“ eine Dokumentation von Landschafts-Interventionen auf der Insel Rab. In Kempten widmete sich das interdisziplinäre Projekt „Intelligente Landschaften. Eine künstlerisch‑digitale Spurensicherung im Kulturraum Allgäu“ dem Wechselspiel zwischen Landschaft und menschlicher Kultur im Allgäu. Die Ausstellung „Natur und Landschaft. Kunst im Klimawandel“ in Ingolstadt präsentierte künstlerische Positionen aus der Region, die ihren Blick auf die Natur und die sich verändernde Landschaft zeigten. Begleitende Podiumsdiskussionen fragten nach der Rolle von Kunst, Architektur und Städtebau im Klimawandel.
Betriebsökologische Aspekte
Wie klimaverträgliche Kulturveranstaltungen aussehen können, zeigte das Musikfestival „Ton ohne Strom“ der Stadt Ansbach, das ohne Verstärker, mit wenig künstlichem Licht und alternativen Bühnen ablief und das nach erfolgreicher Wiederholung gute Chancen hat, auch künftig fortgeführt zu werden. Kulturverwaltungen können voneinander lernen – so hat sich das Burghausener „Kultur im Zelt“-Festival die Erfahrung aus Augsburg zunutze gemacht und nach dem Vorbild des Augsburger MODULAR-Festivals einen „Burghauser CO2-Rechner“ entwickelt.
Die Aschaffenburger Kulturtage haben sich unter dem Titel „kunst ›kultur‹ klima“ einem eigenen Nachhaltigkeitsmonitoring unterzogen, um eine möglichst klimaneutrale Veranstaltung auszurichten. Das Ander Art Festival der Stadt München erstellte zu seinem 25. Jubiläum einen Zero-Waste-Leitfaden für klimafreundliches Veranstalten, der von anderen Münchner Festivals übernommen werden kann.
Soziokultur und Beteiligungsformate
Die Stadt Nürnberg rückte mit ihrer Reihe „11xGRÜN“ das Thema Nachhaltigkeit ins Scheinwerferlicht ihrer elf Kulturläden und setzte ein umfangreiches Programmangebot mit knapp 150 Veranstaltungen und Workshops um, die ökologisch nachhaltiges Handeln mit bezahlbaren und attraktiven Beispielen in die Breite der Gesellschaft trugen. Im ZukunftsAtelier des Traunreuter Museums DASMAXIMUM KunstGegenwart entwickelten Schulklassen unter dem Motto „Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden“ (J. Beuys) Ideen zur Veränderung in ihrem eigenen Lebensumfeld und fanden dafür künstlerische Zeichen wie Eiche und Basalt bei Beuys.
Das Urban Lab Nürnberg entwickelte gemeinsam mit der Stadtgesellschaft zu der Frage „Was wäre, wenn…?“ Ideen und Projekte für eine klimaresiliente Stadt. An dem spartenübergreifenden Kunstcamp „Flaschenpost“ der Stadt Traunstein beteiligten sich Akteur*innen aus der Bildenden Kunst und der Literatur sowie aus dem Bildungsbereich, die sich mit den drängenden Fragen zu den Herausforderungen der Zukunft auseinandersetzten und dafür experimentelle und innovative Wege der Vermittlung, Darstellung und Diskussion fanden.
Spartenübergreifendes Programm: Ausstellungen, Lesungen, Konzerte und Tanz
Die Ausstellung „Wo die Zitronen blühen“ der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg (Klasse Prof. Suska Mackert) warf einen kritischen Blick auf den Ressourcenverbrauch in der Kunst. In Scheyern präsentierte die Künstlerin Margit Grüner eine Mosaikfigur am Earth-Day, und in der Stadt Marktheidenfeld gab es eine Ausstellung zum Kunstpreis „Prima Klima!?“.
Die „Lebendige Bibliothek für Nature Writing“ der Stadtbibliothek Kempten und die Lesung im Rahmen des Nachwuchswettbewerbs LITERATUR UPDATE unter dem Titel „Literature for Future?“ in der Stadt Regensburg präsentierten Nature Writing und literarische Essays. In der Amberger Stadtbibliothek gab Noah Richter Einblicke in seinen Roman „2,5 Grad – Morgen stirbt die Welt“.
Ein ganzes Konzertprogramm widmete sich dem Thema Natur im Traunreuter Kultur- und Veranstaltungszentrum K1, und es fand ein Tanzworkshop für Schüler*innen statt.
Interdisziplinäre und diskursive Formate
Der Deutsche Werkbund Bayern e.V. beteiligte sich mit den Schlehdorfer Impulsen zu Orten mit Energie. Die Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern richtete beim Bayerischen Museumstag den Fokus auf das Thema „Für die Zukunft bewahrt – Museumsdepots neu gedacht“. Außerdem fanden in den Städten Nürnberg und Starnberg unter dem Titel „HUMANOTOP 2.0 – Wer wie Wissen schafft“ interaktive Audiowalks statt, in denen Performer*innen in szenischen Experimenten Zukunftsbilder entwarfen. Die Stadt Eichstätt beschäftigte sich bei „Hortus in der Stadt“ mit dem Thema Garten und bot u.a. Gartenführungen und Urban Gardening an.
In mehreren Kommunen beteiligten sich die Volkshochschulen mit eigenen Programmen. Die Stadt Bobingen bot Klima-, Recycling- und Malerei-Workshops sowie einen Hörpfad an, in Ingolstadt fanden Workshop zur nachhaltigen Entwicklung und Natur statt und in Marktheidenfeld ein Programm mit Ausstellungen und Vorträgen zum Klimawandel in der Stadt.
Publikation und weitere Veranstaltungen
Das als „work in progress“ angelegte Städtefestival begleitete und förderte die fortlaufende Entwicklung von Veranstaltungsformaten und Themen vor Ort. Eine Dokumentation mit Beiträgen aus dem Festival und den Schulungen vereint die Publikation des Netzwerks STADTKULTUR „Kunst.Klima.Kunst. Das Städtefestival. Dokumentation und Texte zur Kulturarbeit im Klimawandel“, die im Herbst 2023 erscheint und im Buchhandel erhältlich sein wird.
Nachklang: Eine weitere Veranstaltung zu dem Thema findet im Rahmen des Nürnberger Festivals Mauerblümchen. Ein Kulturfestival zur Widerstandsfähigkeit (08. – 17.09.2023) statt. Bei einem Talk (17.09.2023, 17.30 bis 18.30 Uhr im Rosengarten) diskutiert u.a. Dr. Christine Fuchs über die „Rolle der Kultur in der Klimakrise“. Eine Tagung von STADTKULTUR Netzwerk Bayerischer Städte in Kooperation mit dem Kompetenzteam für Kunst- und Kreativwirtschaft München beschäftigt sich mit der Nachhaltigkeit in der Kulturproduktion (16.11.2023 in München). Sie fragt, inwieweit der Klimawandel künstlerische Produktionen verändert, was die Kultur- und Kreativwirtschaft zur „großen Transformation“ beitragen kann und welche neuen Arbeitsgebiete entstehen könnten.